PAUL BADURA.SKODA


Klavier























Mit 91 ist Paul Badura-Skoda einer der letzten Repräsentanten einer Generation, für die Musik ein Substrat, die Quintessenz der großen europäischen Kultur ist. Wie in einem Brennpunkt spiegelt die Musik in jedem großen Komponisten nationale Eigenheit, Lebensstil einer Epoche, Streben nach Erkenntnis, Suche nach dem Sinn des Lebens, nach Harmonie, Schönheit, nach Erfüllung in der Liebe, nach Gotteserkenntnis wider. Ob Bach, Schubert, Chopin, Bartók, Frank Martin, immer versteht es der Künstler Badura-Skoda, den Werken Leben einzuhauchen, nicht nur das des Komponisten, sondern auch sein eigenes. Er spielt mit Herz und Geist nicht nur, was in den Noten steht, sondern auch was zwischen bzw. hinter den Noten steht. So wird jedes seiner Konzerte zu einem besonderen Erlebnis: Ähnlich wie sein Lehrer und Meister Edwin Fischer verfügt er über eine reiche Klangpalette vom zarten Flüsterton bis zum donnernden Katarakt, das Klavier verwandelt sich unter seinen Händen in ein Orchester oder in eine menschliche Stimme.

Paul Badura-Skoda wurde 1927 in Wien geboren und erhielt dort auch seine musikalische Ausbildung, zunächst privat, dann 1945-1948 am Konservatorium der Stadt Wien, Ausbildungsklasse für Klavier Prof. Viola Thern, für Dirigieren Prof. Felix Prohaska, Abschluß in beiden Fächern 1948 mit Auszeichnung. 1949 sagte Josef Krips zum jungen Künstler: "Sie sind der geborene Dirigent !" und bat ihm spontan an, als sein Assistent an die Wiener Staatsoper zu kommen. Pauls damaliger Manager, Martin Taubman, empfahl aber das verlockende Angebot abzulehnen: "Eine Klavierkarriere ist genug"! Trotzdem dirigiert er sooft wie möglich. Ähnlich wie er am Klavier den "Badura-Skoda-Klang" produziert, gelingt es ihm auch, bei den Orchestern einen besonderen singenden transparenten Klang zu erzeugen.

Entscheidend für seinen Anfang wurden drei Ereignisse: Furtwängler und Karajan engagierten 1949 den noch unbekannten Künstler für ihre Konzerte in Wien. Durch sein Einspringen bei den Salzburger Festspielen (1950) für den erkrankten Edwin Fischer wurde er ein internationaler Star. Seine Aufnahmen auf dem damals neuen Medium der Langspielplatte hatten weltweit großen Erfolg, besonders in Amerika. Das führte dazu, daß sein Debüt in New York ausverkauft war. Am Beginn seiner Karriere standen große Tourneen als Klaviersolist: 1952 Australien, 1952/53 USA – Kanada, 1953 Lateinamerika von Mexiko bis Argentinien, 1956 leitete er als Dirigent eines Kammerorchesters der Wiener Symphoniker eine Tournee durch Italien. Weitere Höhepunkte seiner Laufbahn waren die erste Japantournee 1959/60, wo er allein in Tokio 14 mal auftrat, und die erste überaus erfolgreiche Tournee durch die Sowjet-Union 1964, der viele weitere Tourneen folgten. 1979 war Paul Badura-Skoda der erste westliche Pianist, der nach der Kulturrevolution in China spielte – eine Pioniertat.

Im Beethoven-Jahr 1970 spielte und kommentierte er zusammen mit Jörg Demus alle Klaviersonaten des Komponisten für das Deutsche Fernsehen. Zyklische Aufführungen der 32 Beethoven Sonaten in Mexiko, Chicago, Paris, London, Wien und Barcelona folgten. Im Mozartjahr

1991 spielte er den Zyklus aller Mozartsonaten u. a. in Paris, Wien, München, Madrid, Tokio, Hongkong. Anläßlich seines 80. Geburtstags war er in allen Weltteilen zu hören.

Zu den für ihn entscheidenden künstlerischen Begegnungen zählten vor allem die mit seinem Vorbild und späteren Lehrer Edwin Fischer (1948 bis zu Fischers Tod 1960), mit dem Komponisten Frank Martin (1969 bis zu seinem Tod 1974), der für ihn sein 2. Klavierkonzert und seine Fantasie über Flamencorhythmen komponierte, mit den großen Geigern David Oistrach und Wolfgang Schneiderhan, mit denen ihn eine tiefe Freundschaft verband.

Mit Schneiderhan und dem Cellisten Boris Pergamenschikow formte er ein legendäres Klaviertrio. Nicht zu vergessen ist die lebenslange Freundschaft mit dem Pianisten und langjährigen Duopartner Jörg Demus. Inspiration fand er auch bei dem Pianisten Alfred Cortot und bei den großen Dirigenten Wilhelm Furtwängler, Hans Knappertsbusch und Josef Krips.

In zahlreichen Schriften hat Paul Badura-Skoda wesentliche künstlerische und menschliche Erfahrungen niedergelegt. Neben seinen Kompositionen im Stil des 20. Jahrhunderts ist sein Spezialgebiet die Komposition von Kadenzen zu den Klavierkonzerten Mozarts und Haydns, die Frische der Erfindung mit genauester Kenntnis des jeweiligen Kompositionsstils verbinden. Er gilt als internationale Autorität in Textfragen, Früchte seines Nachdenkens über die Musik sind seine Ergänzungen zu Werken von Mozart und seine Rekonstruktionen unvollendeter Schubert-Sonaten, die verblüffend sind.
Ein besonderer Wert kommt seinen Schallplattenaufnahmen aus früher und jüngster Zeit zu. Er ist wohl der einzige Pianist, der wiederholt alle Sonaten von Mozart, Beethoven und Schubert sowohl auf Pianoforte als auch auf modernem Flügel auf CD aufnahm – aber auch öffentlich aufführte.
In Meisterkursen vermittelt Paul Badura-Skoda wichtige Erfahrungen an eine Auswahl begabter junger Künstler – er folgt dabei dem Beispiel seines Lehrers Edwin Fischer. Besondere Freude macht ihm das Arbeiten mit Jugendorchestern aller Welt in Venezuela, Peru, Spanien, China, Japan. Die Lernfähigkeit und Begeisterung dieser jungen Menschen sind erstaunlich und hoffnungsvoll. So wünscht sich der Künstler, indem er die Fackel weiterreicht, Zeugnis für die humane Kraft der Musik abzulegen und seinen Beitrag für eine bessere Welt zu leisten.

2007 wurde Paul Badura-Skoda das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst, das Große Silberne Ehrenzeichen mit dem Stern für Verdienste um die Republik Österreich und das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien verliehen und 1978 erhielt er den Bösendorfer-Ring, welchen vor ihm nur Wilhelm Backhaus trug. 1993 wurde der Künstler zum "Chevalier de la Légion d'honneur" ernannt und 1997 zum "Commandeur des Arts et des Lettres ".

Doktorate Honoris causa:
Staatliche Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Mannheim (2006) Pontificia Universidad Católica del Perú (2010) Akademii Muzycznej w Krakowie - Academy of Music in Kraków, 2013